• Eva Skergeth Lopic im Gespräch

29.04.2019

Chance B Geschäftsführerin und dabei-Austria Vorsitzende zu neuem Nationalen Aktionsplan Behinderung: „Der Ball liegt bei den politischen Verantwortlichen“

Seit Beginn der Aufzeichnungen waren noch nie so viele Menschen mit Behinderung arbeitslos wie derzeit. In der Zeit von 2007 bis 2017 ist die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung um 139,22 Prozent gestiegen.Darauf haben Behindertenverbände am 30. April, den Tag der Arbeitslosen hingewiesen und den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in der Politik Vorschläge, wie Menschen mit Behinderung besser am Arbeitsmarkt teilhaben können, präsentiert.

Erste Ideen für diese Vorschläge wurden bei der Chance B Fachtagung „Chancenlos trotz Chancengleichheit“ gesammelt, diese mündeten im Jahr 2015 in der „Gleisdorfer Deklaration“. Gestaltet und kommuniziert von der Chance B, wurde dieses Grundlagenpapier für funktionierende berufliche Integration in den vergangenen Jahren österreichweit bekannt und in allen einschlägigen Interessensvertretungen und Dachverbänden diskutiert.

Mit großem Einsatz von Franz Wolfmayr, dem Chance B Gründer und früheren EASPD Präsidenten und Eva Skergeth-Lopič, der Chance B Geschäftsführerin und Vorsitzenden im Dachverband Berufliche Integration Österreich, wurde dieser Diskussionsprozess auf Dachverbandsebene im Jahr 2018 weitergeführt, mit dem großen Ziel, sachlich fundierte Forderungen an die Behindertenpolitik zu stellen.

Die Mitgestaltung des neuen Nationalen Aktionsplans Behinderung steht im Fokus

Rechtzeitig zum Start der Arbeitsgruppen für die Neugestaltung des Nationalen Aktionsplanes Behinderung, legen die bundesweit tätigen Interessensvertretungen nunmehr die Vorschläge für einen inklusiven Arbeitsmarkt vor. Diese Vorschläge zielen darauf ab, allen Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit zu geben, zu arbeiten und damit Erwerbseinkommen zu erzielen bzw. Pensionsansprüche zu erwerben.

„Der Ball liegt jetzt bei den politischen Verantwortlichen“, sagt Chance B Geschäftsführerin und dabei-Austria Vorstandsvorsitzende Eva Skergeth-Lopič. Die Vorschläge sollen den politischen EntscheidungsträgerInnen als Orientierung für die Erstellung des NAP, dessen Ziel die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sein muss, dienen.

„Der neue Nationale Aktionsplan Behinderung eröffnet die Möglichkeit zu einer strategischen Neuausrichtung im Sinne einer nachhaltigen Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt. Nicht nur aus menschrechtlichen Erwägungen wäre es geradezu fahrlässig, wenn diese Chance ungenutzt bliebe“, so Behindertenanwalt Hansjörg Hofer.

Der Präsident des Österreichischen Behindertenrats, Herbert Pichler, führt dazu aus: „Unser Ziel ist ein Arbeitsmarkt, der auch allen Menschen mit Behinderungen offen steht. Dafür müssen die Gesetze im Sinne des menschenrechtsbasierten Ansatzes der Behindertenrechtskonvention modernisiert werden. Die Fähigkeiten der Menschen mit Behinderungen müssen im Mittelpunkt stehen.“

Dementsprechend ist Menschen mit Behinderungen ein Rechtsanspruch auf die notwendigen Unterstützungsleistungen, die die Ausübung einer existenzsichernden Arbeit am allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen, einzuräumen. Dabei hat die Bedarfsermittlung durch einen ganzheitlichen, evidenzbasierten und multidisziplinären Begutachtungsprozess zu erfolgen.

„Jugendlichen mit Behinderungen wird viel zu oft schon direkt nach der Schule Arbeitsunfähigkeit attestiert. Damit bleibt diesen Jugendlichen Unterstützung vom AMS und den NEBA Angeboten verwehrt. Wir fordern, eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Jugendlichen nicht mehr durchzuführen,“ betont Markus Neuherz vom dabei-austria und ergänzt, „Vielmehr müssen Ausbildungsangebote geschaffen werden, die es auch Jugendlichen mit komplexem Unterstützungsbedarf ermöglichen, eine Ausbildung zu absolvieren.“

Bernadette Feuerstein, die Vorsitzende von SLIÖ ergänzt: „Die zielführendste Maßnahme, um die Arbeitssituation von Menschen mit Behinderungen effizient zu verbessern, ist der Ausbau des bewährten Erfolgs-Modells der Persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz (PAA). Neben 2.500 Stellen für behinderte Fachkräfte, könnten weitere 5.000 qualifizierte Assistenzarbeitsplätze geschaffen werden. Deshalb ist das umfassende Konzept des Dachverbands SLIÖ, mit dem Ausbau in allen Bundesländern und mit Erweiterung des Kreises der Nutzer/innen, rasch umzusetzen.“

Weitere gemeinsame Forderungen sind die schrittweise Einführung einer sozialversicherungsrechtlichen Absicherung sowie kollektivvertraglichen Entlohnung von Menschen, die in Werkstätten der Behindertenhilfe der Länder tätig sind und der Ausbau von positiven (finanziellen) Anreizen für alle Betriebe, die qualitätsvolle Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen bereitstellen.